Beinwell
(Symphytum officinale L.)
Synonyme:
Beinwurz, Bienenkraut, Hälwurzel, Himmelsbrot, Honigblum, Milchwurzel,
Schmalwurz, Schmerzwurz, Schneewurzel, Schwarzwurz, Soldatenkraut, Speckwurz,Wottel,
Wallwurz
Familie:
Borretschgewächse, Rauhaargewächse (Boraginaceae)
Namensentstehung:
Der Beinwell hat seinen Namen von den Beinen, denen er gut ( elg. =well)
tun, bzw. deren Knochen er zusammenwallen soll.
Beschreibung:
Der Beinwell ist eine mehrjährige, borstig behaarte, bis zu 1,50 m hoch wachsende Staude.
Die glockenförmigen Blüten sind rotviolett oder gelblichweiß gefärbt.
Der Wurzelstock hat längliche, kräftige, 1 bis 2,5 cm starke Wurzel. Sie sind außen dunkelbraun bis
schwarz und innen weiß und schleimig. Die Blätter sind wechselständig. Die Stengel und unterseits
hervortretenden Nerven der Blätter sind steif-borstig behaart, und die Oberseite der netznervigen,
runzuligen Blätter ist behaart. Die Blüten sind violett oder weisslich-gelb und hängen in kleinen Trauben
nach unten. Die gestielten, fühfzähligen Blüten stehen in reichblütigen Doppelwickeln in den Achseln der
oberen Laubblätter. Die rotviolette oder gelblichweiße Krone bildet eine glockige Röhre, die von stark
erweiter und außen samtig behaart ist. An den Staubgefäßen sind die dunkelvioletten Staubbeutel meist
länger als die Staubfäden. Der Stängel ist Aufrecht, fleischig nur im oberen Teil verzweigt und durch die
vollständig herablaufenden Laubblätter mit 2 - 3 mm breiten Flügeln versehen. Er ist Kantig und
steif-borstig behaart.
Verwechslung:
Entfernt mit Borretsch, sowie vor der Blüte mit dem giftigen Fingerhut.
Blütezeit:
Mai - Juli
Vorkommen:
Der Beinwell liebt feuchten Boden und ist daher besonders häufig
an Wasserläufen oder in Senken zu finden. Er wächst aber auch
in eher trockenen Gärten.
Verbreitung:
Der Beinwell ist über den größten Teil Europas verbreitet,
im Norden bis Irland, Schottland, Mittelskandinavien, Südfinnland
und Karelien, im Osten bis Westsibirien und Kleinasien, über die
nördlichen Balkanländer, Mittelitalien bis nach Mittelspanien
Sammelgut:
Wurzeln und Blätter
Sammelzeit:
Wurzeln: März bis April und September bis Oktober
Blätter: Mai - Juli
Sammelvorschrift:
Die Wurzeln ausgraben und zunächst durch Beklopfen von den Erdresten
befreien, waschen und zum Trocknen auslegen oder auf Schnüre reihen.
Größere Stücke längs spalten. Die Droge ist geruchlos
und hat einen aromatischen, etwas süßlichen Geschmack, der
in einen scharfen, bitteren und zusammenziehenden Nachgeschmack übergeht.
Zu den Hinweisen zum Sammeln
und Trocknen
von Kräutern
Inhaltsstoffe:
Cholin, Gerbstoffe, Flavonoide, Schleim, Stärke, Pflanzensäuren und
das Vitamin B12 (Beinwell ist die einzige Pflanze die Vitamin B12 enthält. Dieses Vitamin
kommt sonst nur in tierischen Nahrungsmitteln vor). Die Droge enthält außerdem Allantoin und
Schleim-Polysaccharide. Wechselnde Mengen von Pyrrolizidinalkaloiden
mit einem 1,2-ungesättigten Necingrundgerüst und deren N-Oxide.
Anwendung:
Eigenschaften: wundheilend, stopfend, antirheumatisch, harnsäureauflösend, gewebebindend,
blutstillend, hustenlindernd
Die Kommission E sagt zum Beinwell:
Äußerlich bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen.
Beinwell fördert die Zellneubildung und Durchblutung und sorgt für eine rasche Wundheilung bei
gleichzeitiger Desinfizierung. Somit ist er bestens geeignet, um bei Knochenbrüchen, entzündeter
oder verletzter Knochenhaut, stumpfen Verletzungen, schlecht heilenden Wunden wie zum Beispiel Knochenmarksentzündungen oder offenen Beinen, Neurodermitis,
Schuppfenflechte und ähnlichen Beschwerden angewendet werden zu können. Aber auch bei Verstauchungen,
Verrenkungen und Quetschungen ist er hilfreich
(Zu den Rezepten für Salbe und Tinktur)
Umschläge
mit Beinwellbrei macht man mit der zerkleinerten Wurzel, die man vorher fein mahlt, mit sehr heissem Wasser
und einem Tropfen Öl übergießt und schnell zu einem Brei verrührt, auf ein Leinentuch streicht und
warm auf die kranke Stelle legt. Beinwellbrei hilft bei Knocheneiterungen, Knöchelausbuchtungen,
Krampfadergeschwüren, schmerzenden Amputationsstümpfen und Gichtknoten.
Als Ersatz für den Brei kann auch die Beinwellsalbe verwendet werden.
Im
Heilpflanzen-Lexikon, von Hans Braun (1971) habe ich etwas interessantes über den Beinwell gefunden:
Wirkung:
Der Allantoineffekt ist derselbe, auf dem die Wirkung der Fliegenmadenbehandlung beruht, die vor etwa 20 Jahren
zur Behandlung von osteomyelitischen und anderen chronischen Eiterungen angegeben wurde. Nachprüfungen zeigten,
dass die Fliegenmaden (Lucilia sericata) in der Tat die Reinigung der Wunde viel schneller herbeiführten, als es mit sonst üblichen
Mitteln möglich war. Die Erklärung gab der Nachweis von Allantoin, das von den Fliegenmaden ausgeschieden
wird; es löst die Wundsekrete auf, verflüssigt sie, und ebnet so der Granulation den Boden. Die wenig
ästetische Anwendung von Fliegenmaden wurde daraufhin durch ensprechende chemische Zubereigungen zu ersetzen
gesucht. Nun sehen wir, dass uns die Natur in dem Beinwell schon längst den richtigen Weg gewiesen hat.
Badezusätze
mit Beinwell helfen bei Durchblutungsstörungen, Bandscheibenschäden, Krampfadern und Knochenbrüchen.
Für einen Badezusatz nimmt man 500g frische oder getrocknete Beinwurzblätter, die man über Nacht in 5l
kaltem Wasser ansetzt. Am nächsten Tag alles bis zum Kochen erhitzen und die Flüssigkeit dem Badewasser
zusetzen.
Innerlich, als Tee getrunken, hilft
bei Bronchialkratarrh, Beschwerden des Verdauungsapparates,
Magenblutungen und Rippenfellentzündungen.
2 Teelöffel kleingeschnittene Wurzeln werden in 1/4
Liter Wasser über Nacht kalt angesetzt, morgens leicht angewärmt und
abgeseiht 2 - 4 Tassen tagsüber schluckweise trinken.
Bei Magengeschwüren trinke man einen Mischtee.
Für einen Hustentee nimmt man 1 Teel. Wurzel mit 125 ml Wein und lässt es 5 Minuten kochen. Absieben und schluckweise trinken. Dieser Tee mit
Thymian gemischt, ist in seiner Wirkung noch verstärkt.
Die beste Wirkung erfolgt man mit folgender Herangehensweise:
Immer gleichzeitig innerlich und äußerlich behandeln. 3 Tassen Tee am Tag oder 3x täglich 30 Tropfen Tinktur oder in hartnäckigen Fällen 3x
täglich 1 Teelöffel Wurzelpulver in Honig, zusätzlich Breiumschläge und danach Beinwellsalbe.
Beinwelljauche stärkt Pflanzen
Beinwell in der Homöopathie:
Symphytum wird aus der frischen Wurzel hergestellt. Man gibt D6 3 - 5x täglich 5 - 10 Tropfen bei Knochenbrüchen, stumpfen
Verletzungen, bei schlecht heilenden Wunden, Gelenkschmerzen, Arthrosen und Durchblutungsstörungen.
Beinwell in der Küche:
Beinwellblätter sind essbar und die Blüten sind eine ausgefallene, essbare Dekoration auf Süssspeisen, Salaten oder Suppen.
Beinwell schmeckt etwas gurkenartig mild, ist aber unverarbeitet etwas pelzig im Mund, weshalb ich ihn in Salaten nicht
so gerne esse. Besser schmeckt er mir, wenn man ihn in Suppen, Eintöpfe oder
Gemüsepfannen schneidet. Beinwell lässt sich sehr schön mit Käse und glasig gebratenen Zwiebeln mit oder ohne Hackfleisch oder Schinken
füllen, pannieren und braten. Ein Gericht dass ich sehr häufig zubereite. Am besten lassen sich die Blätter
verarbeiten, wenn man sie reinigt, mit kochendem Wasser überbrüht, den dicken Nerv in der Höhe halbiert oder heraus schneidet und nach dem Rollen mit
Zahnstochern zusammen steckt. Zahnstocher werden natürlich vor dem Verzehr entfernt.
Bitte beachtet die Nebenwirkungen.
Beinwell in der Tiermedizin
Bei Tieren wird Beinwell nur äußerlich in Form von Salben, Pasten oder Breiumschlägen bei Prellungen, Verstauchungen und Zerrungen
verwendet. Einschränkungen für bestimmte Tierarten konnte ich keine finden. Beinwell darf derzeit in der EU nicht als Wirkstoff bei Tieren eingesetzt werden, die der Lebensmittelgewinnung
dienen. Verwendet werden darf hingegen der Wirkstoff Beinwellwurzel (Symphyti radix) zur äußerlichen Anwendung auf intakter Haut.
Es liegen keine Erfahrungen mit trächtigen oder laktierenden Tieren vor.
Beinwell als Räucherkraut:
Mit Genehmigung des Verfassers:Räucherwerkstatt
Den Beinwell schätze ich als Kraut, wenn es um mein Gebein geht.
Beinwell ist eine Pflanze die schon im Mittelalter gegen die Krankheitsdämonen eingesetzt wurde.
Gerade in den Zeiten als Pest und Lepra hier im Lande weilten, wurde Beinwell in Krankenhäusern- und
zimmern verräuchert um die Bakterien ab zu töten und die Räume zu desinfizieren, da seine stark reinigende
Wirkung bekannt war. Er wird auch auch zur Regeneration oder schnelleren Wundheilung gerne verräuchert.
Hier kann man über Beinwell als Räucherkraut mit Synergy (Walter)
von der Räucherwerkstatt diskutieren.
Beinwell war früher Bestandteil von Kräutertabakmischungen
Beinwell im eigenen Garten:
Beinwell liebt tiefgründigen Boden. Je humoser, desto üppiger wächst er. In meinem Garten wurde er gut 150 cm
groß und mit seinen Grundblättern sicher nochmal genauso breit. Er braucht also sehr viel Platz im Beet.
Am einfachsten vermehrt man Beinwell über Wurzelteilung.
Nebenwirkungen:
Auf Grund der in geringen Mengen vorhandenen Pyrrolizidinalkaloide sollte man während der Schwangerschaft und
Stillzeit die Droge auch äußerlich nicht verwenden. Aus dem gleichen Grund bitte auch nicht bei Kindern unter 2
Jahren anwenden.
Getrockneter Beinwell (Wurzel und Blatt) wurden Tierversuchen in großen (!) Mengen über einen
längeren Zeitraum Ratten verabreicht. Viele der Versuchstiere bekamen Lebertumore und/oder Blasenkrebs. Demnach ist es nicht
auszuschließen, dass Beinwell, über einen längeren Zeitraum und in großen Mengen
eingenommen, die Leber schädigen könnte.
Teilweise wird dazu geraten nur Präparate und Kräuter aus Apotheken zu kaufen, da dort die Grenzwerte kontrolliert
werden.
Mehr über Pyrrolizidinalkaloide im Forum
Geschichtliches:
Dioskurides erwähnte den Beinwell bereits als wundheilende Pflanze. Von Galen wird die Pflanze unter verschiedenen
Namen geführt. Hildegard von Bingen benutzte schon den Beinwell zur Behandlung von Knochenbrüchen, Wunden und Geschwüren. Auch im Mittelalter fand sie in der Heilkunde Anwendung. Meistens wurde sie äußerlich gebraucht. Den
aus der frischen Pflanze bereiteten Brei verwendete man bei Knochenbrüchen. Gerber verwendeten den Schleim der Pflanze, um die
Felle weicher und geschmeidiger zu machen. Der Schleim ist auch Grundstoff roter Künstlerfarben.
Quellen:
Die Kräuter in meinem Garten,
Alles über Heilpflanzen,
Giftpflanzen Pflanzengifte,
Heilpflanzen-Lexikon,
Heilpflanzenkunde für die Veterinärpraxis
Das große Buch der Heilpflanzen,
Gesundheit aus der Apotheke Gottes,
Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch,
Was blüht denn da?,
Heilpflanzen in der Kinderheilkunde,
andere nicht mehr nachvollziehbare Quellen und eigene Zettelwirtschaft.
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Zeichnung: Otto Wilhelm Thomé (1885-1905)
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Bilder mit freundlicher Genehmigung von
Kurt Stübers
Fotos: © L. B. Schwab
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